Holzschnitt 1510
    
Niklaus von Flüe
Bruder Klaus  
  
 
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Nummer
  
   Quellen - Bruder Klausund Dorothea
  
  
Sebastian Frank
  
Quelle Nr. 230

  

  
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Zeit: 1531
  
Herkunft: a )und b) Chronica zeytbuch und geschychtbibel ... Anno MDXXXI [1531] gedruckt zuo Strassburg durch Balthasar Beck ...; – c) Chronica des gantzen Teutschen lands (Bern 1539), Seite 258
  
Kommentar: Sebastian Frank wurde 1499 in Donauwörth geboren. Zunächst war er katholischer Priester im Bistum Augsburg, dann jedoch evangelicher Prediger in der Nähe von Nürnberg. Schliesslich propagierte er ein «freies unsektisches Christentum der Gesinnung und des Lebens». Wegen seiner Gesinnung wurde er auch in evangelischen Kreisen unerträglich und verdächtigt, heimlich einer Täufersekte anzugehören. Dann zog er nach Strassburg, wo 1531 seine Weltchronik gedruckt wurde. Irgendwie lebte er dann ständig auf der Flucht, in Esslingen und Ulm. Schliesslich fand er Zuflucht in Basel wo er mit Niklaus Brylinger zusammen eine Druckerei betrieb und 1542 starb. In seinen beiden Hauptwerken, der Weltchronik und der deutschen Chronik, erwähnt er auch Bruder Klaus. Die Zeitangaben sind allerding falsch. Seine Informationen bezieht er vor allem aus dem Bericht von Carolus Bovillus (Quelle 201) und der Weltchronik von Johannes Nauclerus (Quelle 071). Fast als Vorbote der empirischen und positivistischen Aufklärung, hält er eine völlige Nahrungslosigkeit für absolut und ausnahmslos unmöglich.
 
  
Referenz: a) Rupert Amschwand, Ergänzungsband, 207; – b) Robert Durrer, Quellenwerk, 656–657; – c) Durrer, 658

  

   a)
  
Darum sollen wir einander nicht für gering achten, als Ketzer oder Sekten, als wir nicht wie Bruder Niklaus ohne allen Anhang [ohne Mitgliedschaft] fromm sein, ein jeder für sich selbst [für sich allein]. Denn, wenn ein jeder Irrtum [einen Menschen] zum Ketzer macht, dann helfe Gott uns allen.
     
b)
  
Von Bruder Klaus in der Schweiz
  
Als man zählte tausend vierhundert und achzig [1480], lebte bei den Schweizern, nicht weit von Luzern in einer ungeheuren Einöde ein alter Mann in einem gelassenen, zurückgezogenen Leben bei zwei und zwanzig Jahren ohne alle Speise (etliche sagen, er habe Wurzeln gegessen). Ihn nannten sie Bruder Klaus. Er war dürr, mager, mit ausgezehrtem Leib, nur aus Haut, Adern und Knochen bestehend. Er hat sich auch bewährt [als wahr erwiesen] vor dem Bischof von Konstanz. Man konnte bei ihm keine anmassende Art und kein Betrug finden, nichts anderes, als dass er im Ernst von Gott erhalten wurde. Denen, die zu ihm kamen, verkündet er Busse [Umkehr]. Die Freude seines Herzens zeigte an, die zweifelsfreie Gewissheit seiner unerschütterlichen Hoffnung, und sein Ruhm war mit Paulus das Zeugnis seines Gewissens, denn er war nie traurig, sondern er wurde jederzeit von fröhlicher Art gesehen. Er hatte dort auch dem Volk etliche Dinge vorausgesagt und den Ruf der Wunderheiligkeit hinterlassen. Anno Mdij [sic! = 1502] soll er gestorben sein. Carolus Bovillus, der auch seine Zelle in der Wüste oder Wildnis gesehen hatte, nennt diesen wunderbaren Einsiedler «Klaus vom Felsen» [Nicolao de Saxo, latinisierte Form von «Flue», bzw. «Flüe» – Quelle 201]. Dieser sagte auch, die Schweizer hätten oft alle Wege und Stege zu diesem Einsiedler besetzt und belagert [mit Wachen versehen], um zu erfahren, ob ihm doch jemand heimlich zu essen brächte. Aber es fand sich, dass dieser Mensch etwas Höheres als nur Mensch geworden war, und in etlichem Mass den Engeln gleich die menschliche Natur übertraf, da er zwar noch mit dem Fleisch bekleidet war und dennoch von der menschlichen Notwendigkeit befreit, ihr nicht unterworfen war. Nach sein Tod soll er auch mit Wundern geleuchtet haben, wie man es in seinen Geschichten liest. Sein Gebet war unter anderen: O Gott nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.
  
Anno MDx [1510], zur Zeit Maximilians, wollte es diesem eine Jungfrau in Augsburg nachmachen. Sie betrog Land und Leute, auch den Kaiser selbst, als ob sie ohne jegliche menschliche Speise leben und vom Himmel erhalten würde. Damit verschaffte sie sich das Ansehen grosser Heiligkeit. Man liess ihr einen verschlossenen Stuhl machen in der Kirche und trug sie auf Händen. Heimlich hatte sie eine, die ihr Konfekt brachte. Und als man sie einmal prüfen wollte, da nahm sie in einem Geheimfach in ihren Kleidern bequem so viel Konfekt mit, dass sie drei oder vier Wochen Nahrung hatte. Zuletzt soll sie verraten worden sein, wie etliche sagen, durch ihren Kot und Stuhlgang, die man fand, weil doch ein speiseloser Mensch diese Dinge nicht zu pflegen gewohnt sein soll. Etliche sagen, dies sei durch eine Fürstin entdeckt worden, die habe ihre List heimlich durch ein Loch beobachtet. Zu guter Letzt ist jedoch auch an den Tag gekommen, dass es eine eitle Fabel war. Etliche zeigten an, sie sei heimlich auch eine Buhlerin gewesen und zuletzt mit einem davon gezogen, so dass sie nicht ertränkt werden konnte. Sie hatte einen Gehilfen gehabt, der teilnahm und ihr bei dieser Zügellosigkeit und dem Abenteuer geholfen hatte.
    
c)
Anno 1480 lebte in einer Wildnis, nicht fern von den Grenzen und Landmarken der Luzerner in der Schweiz, Bruder Niklaus der Schweizer genannt, ein Mann mit dem Wunder der Nahrungslosigkeit. Etliche schreiben, er habe nichts, etliche sagen wenig gegessen, so dass er nur noch Haut und Knochen war. Der verstorbene Mensch verliess Frau und Kinder und zog in diese Wildnis. Er führte ein einsames, sorgloses Leben. Er redete wenig, wenn er gefragt wurde, gab er kurze aber gute Antworten. Es gab in jener Zeit manche Beurteilungen über den Mann. Etliche meinten, es stecke Betrug und Glaubensabfall dahinter und legten es ihm übel aus, dass er Frau und Kinder verlassen hatte. Diese spekulieren, fantasieren und glauben nicht, dass er nicht esse. Die Mehrheit meinte jedoch, er habe gegessen, aber so wenig, wie es dennoch unnatürlich und schier unglaublich sei. Nauclerus [schrieb eine Weltchronik – Quelle 071] will jedoch sagen, er habe gar nichts gegessen. Denn allein wegen dem Gebot des Bischofs, der ihm befahl, drei Bissen zu essen, worauf er drei Bissen ass und schwer verdauen konnte. Er [Nauclerus] verteidigte den Mann entschieden: Er sei ein lebender Heiliger gewesen, er habe ein himmlisches unbeflecktes [sündenloses] Leben geführt mit einem ausgezehrten, erschöpften Leib, durch die tägliche Kasteiung abgemergelt, in strenger Armut, in stetem Abbruch [Verzicht], in grundtiefer Demut bei allen Anfeindungen. So lebte er, alle Trübsal und sein Kreuz geduldig. Er hatte nicht nur nichts besessen und um Gottes Willen alles verlassen, sondern er begehrte auch nichts zu haben, alle weltliche Ehre, Wollust, Güter etc. verachtete er. Niemand liess er unerbaut von ihm weggehen. Dass er aber nichts gegessen hatte, kann ich niemals glauben. Das sagen und glauben auch die Schweizer selber nicht.
    
  
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